Besuch auf der re:publica 2017 in Berlin. Einst als über-schaubare Blogger-Konferenz gestartet, gilt sie mittlerweile als eines der größten und wichtigsten Events zu digitalen Themen.
Das offizielle Motto in diesem Jahr lautete "Love out loud", ein Wortspiel auf das englische "Laugh out loud" (laut loslachen), das als Kürzel "LOL" in die Internetsprache eingegangen ist. Liebe als Antwort auf Hassrede und Fake News stand im Mittelpunkt der Internetkonferenz.
Ein großes Thema auf der Konferenz war die Meinungs- und Pressefreiheit - diese ist nicht selbstverständlich, es sind Werte, für die man immer wieder kämpfen, sich immer wieder engagieren muss. Die große Herausforderung der Zukunft ist jetzt, die technischen Möglichkeiten mit den Werten in Einklang zu bringen.
Als Überraschungsgast eröffnete Can Dündar, ehemaliger Chefredakteur der türkischen Tageszeitung "Cumhuriyet“ die Keynote. Er sprach über Einschränkungen dieses Grundrechts in der Türkei. Dündar, der selbst wegen der Veröffentlichung von Staatsgeheimnissen zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt wurde, warb für Solidarität mit inhaftierten Journalisten in seiner Heimat.
Er berichtete von einer Gruppe Kollegen, die dort seit 190 Tagen im Gefängnis säßen, nur weil sie ihrem Beruf nachgegangen seien. "Es gibt kein Recht und keine Pressefreiheit in diesem Land", sagte Dündar, der gegen seine Verurteilung Revision eingelegt hat und gegenwärtig in Deutschland lebt. Man müsse die inhaftierten Kollegen unterstützen und sich mit ihnen solidarisch zeigen, sagte er – und erntete Standing Ovations.
Die Vorträge waren eine bunte Mischung an Themen rund um das Thema Medien
Es gab viel zu erleben, bspw. den Blick durch eine Filterblase, die durch Ausfiltern Ihrer Farbe nur bestimmte Aspekte des Bildes vor ihr Preis gibt, anstatt das volle Spektrum aufzuzeigen (Bild unten links).
Oder eine Verlesung von Zitaten, die sich Reporter tagtäglich im Internet anhören müssen - von Hasskommentaren und Beleidigungen bishin zu Gewalt- und Morddrohungen (Bild unten rechts).
https://re-publica.com/de/17/session/fake-sells-wahre-geschichte-2000-facebook-copys
Bei diesem Vortrag von Theresa Locker ging es um einen Bericht über eine Recherche, bei der Motherboard (Redaktion eines Onlinemagazins) rund 2000 Facebook-Copys von Artikel-Posts verschiedener deutscher Nachrichtenmedien verifiziert hat.
Welche Medien können wir untersuchen, wo Fakenews entstehen? Als bestes Biotop für Fakenews wurde Facebook identifiziert.
Die Redaktion hat sich für 8 Medien entschieden (eine Auswahl, die viele Fans auf Facebook hat = potentiell großes Publikum und große Reichweite) sowie eine Kontrollgruppe etablierter Medien.
6 Tage lang wurde auf den 8 Medien jeder Facebookpost händisch analysiert und untersucht, das macht 2000 Facebookposts. Es wurden diejenigen ausgeschlossen, die keinen Nachrichtenwert hatten (bspw. Fotostrecken, Kochrezepte etc.), übrig blieben 1880.
Wenn Leser auf Facebook unterwegs sind und nicht mehr auf die Informationsmedien direkt gehen – werden sie dann desinformiert, weil auf Facebook alles überspitzt dargestellt wird?
Die Posts wurden in 3 Kategorien eingestuft:
Daraus wurde eine Tabelle erstellt: wie oft wurden die Posts geteilt, welcher Kategorie lassen sie sich zuordnen und warum
Auf dieser Basis wurde der Koeffizient von Shares berechnet: ob sich falsche Message schneller/mehr verbreitet als wahre Nachrichten.
Die Gute Nachricht: ein großer Teil der Posts ist wahr.
Nicht wahre/irreführende Meldungen verbreiten sich aber schneller als die wahren, da so Viralität geschaffen wird.
Die Überspitzung wird als Aufhänger genommen, im Artikel selber wird es dann wieder relativiert.
Dadurch hat sich bestätigt: Wir leben im Zeitalter der Halbwahrheit.
https://re-publica.com/de/session/mein-kopf-gehort-nicht-mehr-mir-brainhacking-und-selbstoptimierung
Bei diesem Vortrag von Miriam Meckel ging es zum Thema Brainhacking um die drei Fragestellungen:
Wir können bereits unsere Gehirnaktivitäten verfolgen, verbessern und verändern/manipulieren.
Es wird eine neue Art von Interface geben: Denken statt klicken, swipen oder sprechen.
Es funktioniert bereits, dass eine Person über ein visuelles Schema Buchstaben in den Rechner hineindenkt (die visuelle Reize sehen bei A anders aus als bei B)
Die Vision: in andere Handys Texte hineindenken, d.h. Gedanken in Daten umwandeln.
Nächster Schritt: Gehirnimplantante (werden bereits in der Medizin eingesetzt: bspw. ein Roboterarm für Querschnittsgelähmte)
Beispiel Niel Harborson: er ist der erster Cyborg, da er eine Antenne im Kopf implantiert hat. Er ist farbenblind, kann durch den Sensor jetzt aber 360 verschiedene Farben hören (Töne, die mit Farben erzeugt werden).
Neuerdings wurde er mit Bluetooth und Wifi ausgestattet, sodass seine Freunde ihm jetzt Fotos direkt in den Kopf schicken können (in Form von Klangkonstallationen).
Dadurch hat er einen neuer Sinn, der nie abgeschaltet werden kann.
Kann man Gehirndaten austauschen? Bei Ratten ja.
Es gab vor 4 Jahren ein Experiment zwischen 2 Universitätsinstituten (Brasilien und USA)
Eine Ratte sitzt im Käfig: geht das Licht an, muss sie auf eine Taste drücken und bekommt Wasser.
Sie wurde mit einem Gehirnimplantant ausgestattet und die Gehirndaten aus den Reizen wurden digital an ein anderes Insititut nach Brasilien geschickt. Hier gab es die gleiche Versuchskonstallation ohne Licht.
Die brasilianische Ratte hat die Daten bekommen und hat direkt ohne Versuche die Taste gedrückt und Wasser getrunken.
In der Zukunft wird es vermutlich vom Geld abhängen, ob man Anforderungen erfüllen kann – die Gehirnleistung wird nicht mehr gegeben sein, sondern manipuliert werden.
Daraus ergeben sich viele Gesellschaftskritische Fragestellungen:
„Immerse yourself! Virtual Reality-Experiences instead of linear Storytelling“
Virtual Reality (VR) Projekte brauchen neue Erzähltechniken, um uns ihre Inhalte näher zu bringen. Gute Geschichten und Experiences, die einem Storytelling folgen, sind noch selten. Wie erzählt man Geschichten in VR?
Josh Fruttinger berichtete über die Herausforderungen beim Dreh von 360° Videos.
1. Challange:
2. Challange:
Projekt für Castrol EDGE: Titanium Ice als fully immersive mixed reality experience
Für alle Action Fans: Auf dem zugefrorenen Jakson Lake erlebt ein Fast&Furious Stuntmann Fahrer im fahrenden Fahrzeug eine Mischung aus Realität und digitaler Erweiterung.
https://www.facebook.com/unit9.production/videos/1274888592590302/
Karan Singh berichtete über Ideen für neue Wege, den dreidimensionalen digitalen Raum besser zu nutzen.
Kane Lee berichtete über 2 immersive Filme, bei denen der Zuschauer aktiv mit einbezogen wird.
Film „Invasion“
Film „Asteroids“
(2017, re:publica)